Athena Velletri "Anna"
Der erste Blick identifiziert das klassische Ideal: Bezaubernd schön ist dies Bildnis
- Statuenliebe könnte sich vor dieser Fotografie einstellen, zur Athena aus Velletri des Alkamenes oder
Kresilas, deren eine im Louvre steht. Aber die junge Frau ist die Göttin und ist sie zugleich nicht.
Nur ein wenig mag das Modell verändert sein, oder vielleicht ist auch stärker in die Wirklichkeit seines
Gesichts eingegriffen worden. Das Ergebnis ist jedenfalls Perfektion in ihrer wiedererkennbaren,
überzeitlichen Ausprägung, makelloses Verhältnis der Maße, blicklose Melancholie des Standbildes:
das heutige Mädchen als Halbgöttin. Bewunderung und Irritation, eine vage Sehnsucht und
das Erschaudern vor dem manipulativen Spiel lösen die digital bearbeiteten Farbfotografien des
Künstlerpaares Friederike van Lawick und Hans Müller aus. „Perfectly super natural“ heißt die Reihe
der gemorphten griechischen Gottheiten: Apollon, Athene und Aphrodite - in ihrer Serialität des
immer anderen Modells, dem die Züge desselben Vorbilds implantiert wurden -
sind so gut Metaphern für die Tyrannis der perfekten Ikone aus fernen Zeiten wie abgründige
Proben auf die Exempel des Machbaren in sehr naher Zeit.
Frankfurter Allgemeine Zeitung 30. August 2000
Feuilleton
perfectlySUPERnatural besteht aus insgesamt 14 Serien, die jeweils auf einem anderen antiken Vorbild der klassistischen, bzw. hellenistischen Periode basieren.